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... und aus Spaß wurde ein Weltrekord ...

Es ist Freitag, der 18. März 2005. Sabine DO7FR und Wolfgang DK9VZ starten eine Reise ins Ungewisse. Annette DO4XX und Helmut, DF7ZS, waren bereits seit ein paar Tagen vor Ort auf der Insel Bonaire. Bonaire gehörte zu dem in der Zwischenzeit aufgelösten Niederländischen Antillen-Verbund (auch bekannt als ABC-Islands - Aruba, Bonaire & Curacao) und liegt in der südlichen Karibik, wenige Kilometer vor der Küste Venezuelas. Annette und Helmut holten uns 18h später auf dem kleinen Flamingo Airport von Bonaire ab und zeigten uns unser zu Hause für die nächsten Tage. Während Annette und Sabine mit der Erkundung der Insel begannen, bauten Helmut und ich Antennen. "Einmal auf der anderen Seite des Pile-Ups sitzen," war das was wir eigentlich wollten.

Mit 100 Watt aus einem YAESU FT-857, einer Vertikal für das 40m-Band und einer 30m Delta-Loop kamen in der ersten Woche bereits mehrere Tausend QSOs ins Log, vor allem auf den WARC-Bändern. Aber dabei haben wir auch den Urlaubsaspekt nicht vergessen. Bonaire ist eine sehr interessante Insel. Der Tourismus ist weniger ausgeprägt als auf der Schwesterinsel Curacao und das macht den Reiz dieser kleinen Karibik-Insel aus. Das karibisch, grün-blaue Wasser ist einfach nur faszinierend ...

Am Donnerstag, den 24. März flogen wir gemeinsam von Bonaire zur Nachbarinsel Curacao. Dieser Flug war mit einigen Schwierigkeiten verbunden; die Fluggesellschaft hatte den Flug trotz der ausgestellten Tickets schon 4 Wochen vorher aus dem Programm genommen, natürlich ohne uns zu informieren. Gegen späten Nachmittag erwischten wir dann aber doch noch einen Flug nach Curacao und kamen mit Übernahme des Mietwagens recht spät bei PJ2T auf Signalpoint an, wo unsere Contestkollegen schon kräftig am funken waren. Es warteten dort auf uns: mein Kollege aus dem DK0BN-Team Harald, DL2SAX, Heiko DK3DM und Uli DL8OBQ, die wir von früheren UKW-Contesttreffen bereits kannten. Eine kurze Einweisung in die Ausstattung der Superstation von PJ2T folgte genauso, wie das obligatorische Essen im benachbarten Hotel. Nach einem kurzen Team-Meeting und einem gemeinsam beschlossenen Schichtplan begann der WPX-SSB-Contest dann am Freitag gegen 20 Uhr Ortszeit. Das ist übrigens deutlich angenehmer als der Start mitten in der Nacht hier in Europa ;-))

PJ2T ist eine super gut ausgestattete Station auf dem nord-westlichen Teil der Insel Curacao. Sie wurde aufgebaut und wird betreut vom CCC, dem Carribean Contest Consortium. Die Anlage besteht hauptsächlich aus zwei ca. 35m hohen Masten bestückt mit 5 Element Monoband-Antennen für 10, 15 und 20m. Die Antennen sind fest mit dem Mast verbunden und müssen nicht gedreht werden. Ein Mast ist fest nach USA ausgerichtet, der zweite nach Europa. Auf dem einen Mast befindet sich oben ein drehbarer 2 Element-Beam für 40m. Für das 80m-Band hängt zwischen den Masten eine 3 Element Delta-Loop in Richtung Europa und für 160m gibt es eine Inverted-L. Vervollständigt wird dieses Setup mit zwei Beverages Richtung USA und Europa und diversen anderen Antennen, wie einem 3 Element fest nach Südamerika, einem 3 Element für die WARC-Bänder u.s.w. Die QSO-Raten waren am Anfang nicht so berauschend, das sollte erst am zweiten Tag kommen. Die Nächte waren sehr schwach. In der ersten Nacht ging nur 40m, sodass wir bereits unseren Multi/II-Einsatz in Frage stellten. Auf 80m waren EUs auf der Beverage mit bis zu S9 zu hören aber ein Anruf wurde selten belohnt. Das QRM scheint sehr groß gewesen zu sein in Europa? CQ-Rufen hatte erst recht keine Aussicht auf Erfolg. Harald verglich die QSO-Raten in der Nacht mit den nächstlichen 2m UKW-Raten bei DK0BN ;-))

Tagsüber brachten dann schöne Runs auf den schnellen Bändern wieder eine Beruhigung der Nerven. Aber bereits nach der ersten Contesthälfte machte Helmut uns auf fehlende Multis aufmerksam. Ein kleiner Trick des Stationsverantwortlichen Geoff (WØCG) brachte dann den gewünschten Erfolg. Er schob mir als OP an der 20m Station ein kleines Zettelchen zu, auf dem stand: 14.125. Ich hatte gerade sehr schöne QSO-Raten, aber es waren fast ausschließlich amerikanische Stationen. Die waren beim Anruf so laut, dass evtl. aus Europa anrufende Stationen nicht mehr hörbar waren. Durch den Trick von Geoff wechselte ich in die Gegend von 14.125 in der amerikanische Stationen nicht senden dürfen und siehe da, es funktionierte. Plötzlich waren jede Menge europäische Stationen hörbar, die unseren Prefix-Multistand deutlich erhöhten. Aus meiner Sicht und nach dem sehr engen Ausgang des Contestes brachte dieser Tipp von Geoff wohl den Sieg.

Leider musste uns Harald, DL2SAX schon kurz vor dem Contestende verlassen, da er mangels Urlaub wieder in die Heimat zum Geldverdienen musste. Er fehlt deshalb auch auf dem Teamfoto, das nach dem Contest entstand. Auf dem Foto sehen Sie von links unseren Gastgeber Geoff, WØCG/PJ2DX, neben ihm kniend Helmut, DF7ZS und Heiko DK3DM; dahinter stehend mich (Wolfgang DK9VZ) und Uli DL8OBQ.

Nach dem Contest hatten Helmut und ich noch etwas Zeit uns die schönsten Buchten auf Curacao anzusehen, die unsere Frauen während dem Contest ausfindig gemacht hatten und wir hatten noch 4 Tage zur Entspannung nach dem Wettbewerb. Am Freitag, den 1. April starteten wir gemeinsam Richtung Deutschland und landeten nach einem Aufenthalt in Amsterdam am Samstag Nachmittag, dem 2. April wieder wohlbehalten in Frankfurt.

Das eingereichte "claimed score" von 32.086.000 Punkten lag deutlich über dem existierenden Weltrekord von STØRY aus dem Jahr 2003. Im Jahr 2003 waren auch die Sonnenflecken noch zahlreicher vorhanden und das Ergebnis lag ebenfalls über dem Südamerika-Rekord von ZW5B mit 26.849.550 aus dem Jahr 2004. Relativ siegessicher fuhren wir nach Hause, mussten dann aber einige Tage vor Einsendeschluß der Logs erfahren, dass TS3A aus Tunesien in der gleichen Klasse angetreten war und ein claimed score von 32.209.000 eingereicht hat. Das ist ein ähnliches Fotofinish wie man es aus der Formel 1 zwischen Michael Schumacher und Rubens Barrichello kannte. Wer hatte weniger Fehler im Log? Bereits einige wenige Multiplier mehr oder weniger konnten über Sieg oder Niederlage entscheiden ....

Nun begann das lange Warten, von dem wir heute am 20. Dezember 2005 endlich erlöst wurden. Die Januar-Ausgabe der Zeitschrift CQ (dem Ausrichter des Contestes) beendete das lange warten. Da die Zeitschrift bis nach Deutschland wohl noch ein paar Tage brauchen wird, gaben Glückwunsch E-Mails aus USA die letzte Sicherheit:

Wir haben unter PJ2T den CQ WPX SSB-Contest 2005 mit einer Punktzahl von 31.091.725 Punkten gewonnen.
Das ist world #1 in der Klasse Multi/II
Darüber hinaus liegt unsere Endpunktzahl rund 750.000 Punkte über dem Weltrekord von STØRY aus 2003
Wir haben also auch einen neuen Weltrekord für die Klasse Multi/II aufgestellt
Außerdem liegt die Punktzahl rund 4.2 Millionen über dem ZW5B-Südamerikarekord von 2004
Ein neuer Südamerika-Rekord ist es damit automatisch auch geworden.

Mal einen dieser großen internationalen Conteste zu gewinnen, das ist sicher das Ziel eines jeden ernsthaften Contesters. Dabei aber noch einen neuen Südamerika- und einen neuen Weltrekord aufzustellen wird für uns wohl so schnell nicht wiederholbar sein ....

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